144 Baderaum

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BADERAUM
BADERAUM


... das folgende Muster bestimmt das größte Badezimmer einem Gebäude sowie dessen Lage. Dabei geht es von der derzeitigen Beschaffenheit der Badezimmer völlig ab: Seine Lage ist so eindeutig und wesentlich, dass es möglicherweise dazu beiträgt, die in größeren Mustern festgesetzten Schlafbereiche und öffentlichen Bereiche zu bilden: STUFEN DER INTIMITÄT (127), GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE (129), BEREICH DES PAARS (136), BEREICH DER KINDER (137), SCHLAFEN NACH OSTEN (138), GRUPPE VON BETTEN (143).


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„Was wir heute als Baden bezeichnen, ist nicht mehr „Was wir heute als Baden bezeichnen, ist nicht mehr als die Waschung, die früher dem Bad vorausging Der Ort, an dem es stattfindet, entspricht zwar dem Zweck verdient es aber nicht, Badezimmer genannt zu werden.”


Rudofsky weist darauf hin, dass die Reinigung nur ein kleiner Teil des Badens ist; dass das Baden insgesamt eine viel elementarere Aktivität mit therapeutischen und wohltuenden Nebeneffekten ist. Beim Baden sorgen wir für uns selbst, für unseren Körper. Es ist einer der wenigen Momente, in denen wir wach und völlig nackt sind. Die durch ein Bad bewirkte Entspannung stellt einen sinnlichen Kontakt zum Wasser her. Baden ist eine der direktesten und einfachsten Methoden des Ausspannens. Und erstaunlicherweise gibt es sogar Nachweise dafür, dass die Menschen weniger kriegerisch sind, wenn sie auf diese Weise für sich und ihre Kinder sorgen.


Quer durch alle Kulturen gibt es eine Entsprechung zwischen dem Maß an Einschränkungen, denen die körperliche Lust - vor allem in der Kindheit - in einer Gesellschaft unterworfen wird, und dem Maß an Kriegsverherrlichung und sadistischen Praktiken in einer Gesellschaft. (Philip Slater, Pursuit of Loneliness, Boston: Beacon Press, 1970,.. S. 89-90.) Wir sollten nicht vergessen... dass die Thermen von früher mit ihrer täglichen Regeneration für ihre Benützer so selbstverständlich waren wie für uns die Restaurants. Mehr noch; sie waren etwas Unentbehrliches. im 4. Jahrhundert gab es allein in Rom 856 Badeanstalten; 600 Jahre später rühmte sich Cördoba einer noch größeren Zahl an öffentlichen Bädern - und wann hört man jemals mehr als den Namen dieser Stadt?; (Rudofsky, Belünd the Picture Window, New York: Oxford University Press, 1955. S. 118.)


Eine finnische Sauna.
Eine finnische Sauna.
Eine finnische Sauna.


Das Baden zum Vergnügen hat allerdings eine schwierige Entwicklung durchgemacht. Während der Reformation, im Elisabethanischen Zeitalter und im Puritanismus war es nur im geheimen möglich. Es wurde zum „Sündenbock" aller gesellschaftlichen Übel — Amoralität, Gottlosigkeit und Krankheiten. Seltsamerweise haben wir uns von diesem Unsinn bis heute nicht befreit. Vergleichen wir einmal unsere Einstellung zum Bad, zur Badewanne und zur Dusche mit den folgenden Worten, die der griechische Romancier und Dichter Nikos Kazantzakis nach seinem ersten japanischen Bad niederschrieb:


Ich empfinde unvergleichliches Glück. Ich ziehe den Kimono an, trage die Holzsandalen, gehe in mein Zimmer zurück, trinke noch etwas Tee und sehe durch die offene Wand den Pilgern zu, die trommelschlagend die Straße hinaufgehen...  Ich habe Ungeduld, Nervosität, Hast abgelegt. Ich genieße jede einzelne Sekunde dieser einfachen Momente, die ich hier erlebe. Glück ist, glaube ich, ein einfaches Wunder aus dem Alltag, wie Wasser, und wir sind uns dessen nicht bewusst.


Wir gehen also von der Annahme aus, dass es starke, tiefgreifende Gründe dafür gibt, das Baden zu etwas Vergnüglichem zu machen, und dass mit den Badezimmern von heute etwas nicht stimmen kann: Wir bauen einige kleine und getrennt liegende Badezimmer, eines für das Elternschlafzimmer, eines für die Kinder, vielleicht noch eines nahe dem Wohnzimmer — jedes davon eine kompakte, effiziente Zelle. Diese einzelnen, effizienten Badezimmer geben einer Familie nie die Möglichkeit, die Intimität und das Vergnügen eines Bades zu teilen oder nackt und halbnackt zusammen zu sein. Diese Gemeinsamkeit hat natürlich auch ihre Grenzen. Das Badezimmer muss auch für Gäste und zufällige Besucher benutzbar sein; und wenn man ein einziges Badezimmer absperren und ganz für sich beanspruchen kann, wird es nicht für eine ganze Familie funktionieren. Wenn wir uns aber ein großes Badezimmer vorstellen, groß genug, damit das Baden zum Vergnügen wird, werden wir feststellen, dass pro Familie sicher nicht mehr als ein Bad möglich ist, wenn man ein einziges Badezimmer absperren und ganz für sich beanspruchen kann, wird es nicht für eine ganze Familie funktionieren. Wenn wir uns aber ein großes Badezimmer vorstellen, groß genug, damit das Baden zum Vergnügen wird, werden wir feststellen, dass pro Familie sicher nicht mehr als ein Bad möglich ist. Wie können all diese Probleme gelöst werden? Um sie zu lösen, zählen wir einmal die verschiedenen Faktoren auf; die hier mitspielen. Später können wir sie dann ordnen.


  1. Zunächst der neuerdings wieder auftauchende Einfluss, den wir bereits genannt haben — das wachsende Bedürfnis der Leute, aus dem Baden ein positives, regenerierendes Vergnügen zu machen.
  2. Zweitens eine immer entspanntere Einstellung zur Nacktheit, durch die es möglich wird, sich Familienmitglieder, Freunde und sogar Fremde beim gemeinsamen Bad vorzustellen,
  3. Drittens die Tatsache, dass diese zunehmende Offenheit ihre Grenzen hat; und dass die Grenzen von Person zu Person verschieden sind. Manche Menschen möchten sich nach wie vor nicht nackt zeigen: Sie müssen, wenn sie wollen, die Möglichkeit haben, von den anderen ungesehen zu duschen oder die Toilette zu benützen.
  4. Die Angewohnheit, die Toilette in das Badezimmer zu integrieren (und nicht, wie früher üblich, daneben anzulegen), entstand dadurch, dass man so bequem zwischen Toilette und Bad — oder Dusche — hin- und hergehen kann, ohne sich anziehen zu müssen, weil man in den Gang hinaus muss. Die Leute wollen sich im Badezimmer ungezwungen nackt bewegen — sie gehen in das Badezimmer hinein, gehen von der Toilette in die Badewanne, rasieren sich und so weiter. Wenn man sich anziehen muss, bloß um eines dieser Dinge zu tun, fällt einem das lästig.
  5. Trotzdem müssen die Familienmitglieder auch mehr oder weniger bekleidet zwischen ihren Schlafzimmern und dem Badezimmer hin- und hergehen können, ohne öffentliche Bereiche durchqueren zu müssen. Das trifft vor allem auf die Erwachsenen zu.
  6. Auch Besuchern muss das Badezimmer offen stehen, und sie sollten dabei nicht Privatzimmer oder Schlafzimmer queren.


Der all diesen Gegensätzen zugrunde liegende Konflikt besteht offenbar im Verhältnis von Offenheit und Privatheit. Es erbt Gründe für das Zusammenlegen der Funktionen in einem Badezimmer, und Gründe für eine Funktionen-Trennung. Das legt nahe, alle Funktionen eines Badezimmers in einer Art Suite zusammen zu legen, diese Suite als einzigen Baderaum im Haus anzusehen, der gleichwohl private Bereiche enthält, in denen man eine Tür abschließen, einen Vorhang vorziehen und allein sein kann.


Wir denken uns den Baderaum vollkommen verfliest und von anderen Teilen der Wohnung und dem öffentlichen Außenraum abgeschirmt. Innerhalb dieses Raums kann man die richtigen Verbindungen zwischen dem Bad selbst und den anderen Teilen des Baderaums herstellen und trotzdem den Baderaum für all jene zugänglich machen, die nur das Waschbecken, die Dusche oder die Toilette benützen wollen. Wir empfehlen, den Raum neben dem Bereich des Paars anzulegen .- von ihnen wird er am häufigsten benützt - aber auch zwischen dem öffentlichen und privaten Teil einer Wohnung, damit der Weg von den Gemeinschaftsbereichen der Familie zum Bad nicht durch Schlafzimmer oder private Arbeitsräume führt. Der Weg von den Schlafzimmern ins Bad sollte auch nicht durch einen Bereich verlaufen, der von den Gemeinschaftszimmern aus sichtbar ist.


Auf einfache Weise kann man mit dem Dilemma des Nackt oder Angezogenseins fertig werden, wenn man an verschiedenen Stellen im Baderaum große Handtuchständer mit jeweils ein paar riesigen Badetüchern zum Einhüllen aufstellt. So kann sich jemand einfach ein Badetuch umwickeln, wenn er sich nackt unbehaglich fühlt, und es sonst einfach fallen lassen. Das ist weitaus besser als richtige Bademäntel, die immer am falschen Platz liegen und bereits zu sehr ans Ankleiden erinnern.


Das Bad selbst sollte so groß sein, dass zwei oder drei Personen ausreichend Platz im Wasser haben - damit sie gern bleiben und nicht nur schnell hinein- und gleich wieder hinaussteigen. Licht spielt eine wichtige Rolle. Wenn es auf Intimität ankommt, kann man natürliches Licht durch Milchglas filtern; ein Fenster mit durchsichtigem Glas kann auf den privaten Garten hinausgehen.


Zum Schluss noch ein Wort zu den Türen: Es ist wichtig, sieg' richtig anzulegen, da sie am meisten zu einem ausgewogenen Verhältnis von Offenheit und Privatheit beitragen. Wir denken, an dicht schließende, unversperrbare Türen für den Baderaum an sich; vielleicht Schwingtüren, um die Durchgängigkeit des gesamten Bereichs hervorzuheben; und undurchsichtige Glastüren oder Vorhänge bei der Duschkabine; eine einfache Tür-, für die Toilette - das ist die intimste Stelle; und ein offener, Eingang zu der Nische, in der das Bad untergebracht ist. Die Waschbecken und Handtücher, die Regale und all die anderen kleinen Notwendigkeiten sind im verfliesten äußeren Bereich untergebracht.



Daraus folgt:


Bring das Badezimmer, die Toiletten, Duschen und Waschbecken in einer Wohnung alle in einem einzigen, verfliesten Bereich unter. Leg diesen Baderaum neben dem Bereich des Paars an - mit eigenem Zugang -, auf halbem Weg zwischen den privaten, abgetrennten Bereichen der Wohnung und den Gemeinschaftsbereichen; sorg wenn möglich für einen Zugang von außen; vielleicht von einem kleinen Balkon oder einem von Mauern umgebenen Garten aus.


Bau ein großes Bad hinein - mindestens so groß, dass zwei Leute ganz ins Wasser eintauchen können; eine Duschkabine und ein Waschbecken für die eigentliche Reinigung; und zwei oder drei Ständer für große Badetücher - einer neben der Tür, einer neben der Dusche, einer neben dem Waschbecken.


Illustration aus „A Pattern Language“
Illustration aus „A Pattern Language“


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Sorg vor allem dafür, dass es Licht gibt, viel Licht - LICHT VON ZWEI SEITEN IN JEDEM RAUM (159) und GEFILTERTES LICHT (238); versuch den Baderaum so anzulegen, dass er zum privaten Teil des Gartens hin offen ist - GARTENMAUER (173) -, und vielleicht direkten Zugang zu einem lokalen Schwimmbecken ermöglicht - STEHENDES WASSER (71). Verbind die Toilette mit der Kompostgrube - KOMPOST (178); und was die genaue Gestalt und die baulichen Details betrifft, beginn bei DIE FORM DES INNENRAUMS (191)

Muster: Gebäude


95. GEBÄUDEKOMPLEX

96. ANZAHL DER STOCKWERKE

97. ABGESCHIRMTES PARKEN

98. ORIENTIERUNG DURCH BEREICHE

99. HAUPTGEBÄUDE

100. FUSSGÄNGERSTRASSE

101. PASSAGE DURCHS GEBÄUDE

102. FAMILIE VON EINGÄNGEN

103. KLEINE PARKPLÄTZE

104. VERBESSERUNG DES BAUPLATZES

105. AUSSENRAUM NACH SÜDEN

106. POSITIVER AUSSENRAUM

107. GEBÄUDEFLÜGEL MIT TAGESLICHT

108. ZUSAMMENHÄNGENDE GEBÄUDE

109. LANGES SCHMALES HAUS

110. HAUPTEINGANG

111. HALBVERSTECKTER GARTEN

112. ZONE VOR DEM EINGANG

113. VERBINDUNG ZUM AUTO

114. HIERARCHIE VON AUSSENRÄUMEN

115. BELEBTE INNENHÖFE

116. DACHKASKADE

117. SCHÜTZENDES DACH

118. DACHGARTEN

119. ARKADEN

120. WEGE UND ZIELE

121. DIE FORM VON WEGEN

122. GEBÄUDEFRONTEN

123. FUSSGÄNGERDICHTE

124. AKTIVTÄTSNISCHEN

125. SITZSTUFEN

126. ETWAS FAST IN DER MITTE

127. STUFEN DER INTIMITÄT

128. SONNENLICHT IM INNEREN

129. GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE

130. DER EINGANGSRAUM

131. VON RAUM ZU RAUM

132. KURZE VERBINDUNGSGÄNGE

133. DIE STIEGE ALS BÜHNE

134. DIE AUSSICHT DES MÖNCHS

135. WECHSEL VON HELL UND DUNKEL

136. BEREICH DES PAARS

137. BEREICH DER KINDER

138. SCHLAFEN NACH OSTEN

139. WOHNKÜCHE

140. PRIVATTERRASSE AN DER STRASSE

141. DAS EIGENE ZIMMER

142. MEHRERE SITZPLÄTZE

143. GRUPPE VON BETTEN

144. BADERAUM

145. ABSTELLRAUM

146. FLEXIBLE BÜROFLÄCHE

147. GEMEINSAMES ESSEN

148. KLEINE ARBEITSGRUPPEN

149. ENTGEGENKOMMENDER EMPFANG

150. EIN PLATZ ZUM WARTEN

151. KLEINE BESPRECHUNGSZIMMER

152. HALBPRIVATES BÜRO

153. VERMIETBARE RÄUME

154. HÄUSCHEN FÜR TEENAGER

155. HÄUSCHEN FÜR ALTE

156. ERFÜLLTE ARBEIT

157. WERKSTATT IM HAUS

158. OFFENE TREPPEN

159. LICHT VON ZWEI SEITEN IN JEDEM RAUM

160. DIE GEBÄUDEKANTE

161. SONNIGE STELLE

162. ABGESTUFTE NORDFRONT

163. ZIMMER IM FREIEN

164. STRASSENFENSTER

165. ÖFFNUNG ZUR STRASSE

166. DIE GALERIE RUNDHERUM

167. ZWEI-METER-BALKON

168. VERBINDUNG ZUM BODEN

169. TERRASSIERTER HANG

170. OBSTBÄUME

171. PLÄTZE UNTER BÄUMEN

172. WILDWACHSENDER GARTEN

173. GARTENMAUER

174. LAUBENWEG

175. GLASHAUS

176. SITZPLATZ IM GARTEN

177. GEMÜSEGARTEN

178. KOMPOST

179. NISCHEN

180. PLATZ AM FENSTER

181. DAS FEUER

182. ATMOSPHÄRE BEIM ESSEN

183. ABGRENZUG DES ARBEITSPLATZES

184. DER KOCHPLATZ

185. RUNDER SITZPLATZ

186. GEMEINSAMES SCHLAFEN

187. EHEBETT

188. BETTNISCHE

189. ANKLEIDEZIMMER

190. VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN

191. FORM DES INNENRAUMS

192. FENSTER MIT BLICK AUF DIE AUSSENWELT

193. DURCHBROCHENE WAND

194. FENSTER IM INNERN

195. ANLEGEN DER STIEGE

196. TÜREN IN DEN ECKEN

197. DICKE WÄNDE

198. SCHRÄNKE ZWISCHEN RÄUMEN

199. SONNIGE ARBEITSFLÄCHE

200. OFFENE REGALE

201. BORD IN HÜFTHÖHE

202. EINGEBAUTE SITZBANK

203. HÖHLEN FÜR KINDER

204. GEHEIMFACH