112 Zone vor dem Eingang

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ZONE VOR DEM EINGANG
ZONE VOR DEM EINGANG


... an welchem Gebäude oder Gebäudekomplex man auch immer arbeitet — es gibt eine ungefähre Lage der wichtigsten Eingänge: Die Tore zum Grundstück ergeben sich aus HAUPTORTE (53); die Eingänge in die einzelnen Gebäude aus FAMILIE VON EINGÄNGEN (102) und aus HAUPTEINGANG (110). In jedem Fall schaffen die Eingänge einen Übergang zwischen „außen" — der öffentlichen Welt — und einer weniger öffentlichen, inneren Welt. Im Fall von HALBVERSTECKTEN GÄRTEN (111) steigern diese Gärten die Schönheit des Übergangs. In diesem Muster nun wird der Übergang, der durch Eingänge und Gärten entsteht, genauer herausgearbeitet und begründet.


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Gebäude und besonders Häuser, mit einem reizvollen Übergang zwischen Straße und dem Innern strahlen mehr Ruhe aus als solche, die sich direkt zur Straße öffnen.


Das Erlebnis beim Betreten eines Gebäudes hat einen Einfluss darauf, wie man sich innerhalb des Gebäudes fühlt. Wenn der Übergang zu abrupt ist, hat man nicht das Gefühl angekommen zu sein, und das Gebäudeinnere schafft es nicht, zu einer Privatsphäre zu werden.


Ein abrupter Eingang - kein Übergang.
Ein abrupter Eingang - kein Übergang.
Ein abrupter Eingang - kein Übergang.


Vielleicht ist das durch die folgende Überlegung besser zu verstehen. Während sie auf der Straße sind, nehmen die Leute eine Art „Straßenverhalten" an. Wenn sie in ein Haus kommen, wollen sie natürlich dieses Straßenverhalten loswerden und ich ganz der intimeren Stimmung, die einem Haus entspricht, hingeben. Wahrscheinlich können sie das nicht, wenn es keinen Übergang vorn einen zum anderen gibt, der das Ablegen des Straßenverhaltens erleichtert. Der Übergang muss eigentlich das Moment der Verschlossenheit, Anspannung und „Distanz", das dein Straßenverhalten entspricht, zerstören, bevor die Leute sich wirklich entspannen können.


Einen Beweis dafür liefert die Studie von Robert Weiss und Serge Bouterline: Fairs, Exhibits, Pavilions, and their Audiences, Cambridge, Mass., 1962. Die Autoren stellten fest, dass viele :Ausstellungen es nicht schafften, Menschen „festzuhalten"; die Leute ließen sich hineintreiben, aber innerhalb kurzer Zeit auch wieder hinaus. Bei einer Ausstellung jedoch musste man beim Eintreten einen großen, hochflorigen, hellorangen Teppich überqueren. In diesem Fall blieben die Leute drinnen, obwohl die Ausstellung nicht besser war als die anderen. Die Autoren zogen den Schluss, dass Menschen im allgemeinen unter dem Einfluss ihres eigenen „Straßen- und Massenverhaltens" stehen und dass sie, solange dieser Einfluss andauert, sich nicht genug entspannen können, um auf die Ausstellung einzugehen. Aber der leuchtende Teppich lieferte ihnen beim Eintreten einen so :starken Kontrast, dass er die Wirkung ihres Außenverhaltens aufhob, ihre Gedanken gewissermaßen „leerfegte", sodass sie sich nun der Ausstellung widmen konnten.


Michael Christiano machte während seines Studiums an der University of California folgendes Experiment: Er zeigte Leuten Fotos und Zeichnungen von Hauseingängen mit verschiedenen .Graden des Übergangs und fragte sie dann, welcher davon am "häuslichsten" wäre. Er fand heraus, dass ein Hauseingang umso „hausartiger" scheint, je mehr Wechsel und Übergänge er enthält. Und der als am „hausartigsten" beurteilte Eingang von allen ist einer mit einer langen, offenen, gedeckten Galerie mit Ausblick in die Ferne.


Ein anderes Argument, mit dem sich die Bedeutung des Übergangs erklären lässt: die Leute wollen, dass ihr Haus, und besonders der Eingang, eine Privatdomäne ist. Mit einer zurückgesetzten Eingangstür und einem Übergangsbereich zwischen ihr und der Straße ist diese Domäne unzweifelhaft definiert. Das würde erklären, warum Leute oft nicht auf einen Vorgartenstreifen verzichten wollen, auch wenn sie ihn nicht „benützen". Cyril Bird stellte fest, dass 90% der Bewohner einer Siedlung ihre etwa 6 in tiefen Vorgärten für gerade ausreichend oder sogar für zu klein hielten — aber nur 15% von ihnen> diese Gärten je als Sitzplatz benutzten. („Reactions to Radburn: A Study of Radburn Type Housing, in Hemel Hempstead", RIBA final thesis, 1960.)


Bisher haben wir hauptsächlich über Häuser gesprochen. Wir glauben aber, dass dieses Muster auf eine breite Vielfalt von Eingängen zutrifft. Sicher trifft es auf alle Wohnformen ein schließlich Geschoßwohnungen zu — obwohl es bei Geschoßwohnungen heute gerade fehlt. Es gilt auch für jene öffentlichen Gebäude, die von einem Gefühl für Zurückgezogenheit leben: eine Klinik, ein Juweliergeschäft, eine Kirche, eine öffentliche Bibliothek. Es gilt nicht für öffentliche Gebäude oder Gebäude, die von der Verbindung mit der Öffentlichkeit leben.


Vier Beispiele gelungener 'Übergangszonen vor Eingängen:


Jedes Beispiel bewirkt den Übergang mit einer anderen Kombination von Elementen.
Jedes Beispiel bewirkt den Übergang mit einer anderen Kombination von Elementen.
Jedes Beispiel bewirkt den Übergang mit einer anderen Kombination von Elementen.


Wie man an diesen Beispielen sieht, kann der Übergang selbst sehr verschieden ausgebildet sein. In manchen Fällen kann er zum Beispiel direkt hinter der Eingangstür sein — eine Art Eingangshof, der wiederum zu einer Tür oder Öffnung führt, die noch deutlicher „innen" ist. In einem anderen Fall kann der Übergang eine Wegkrümmung bilden, die nach einem Tor an Fuchsien vorbeistreift und dann die Haustür erreicht. Man kann auch einen Übergang durch einen Wechsel der Oberfläche schaffen, sodass man vom Gehsteig auf einen Kiesweg tritt und dann unter einer Pergola ein oder zwei Stufen hinaufgeht.


in all diesen Fällen ist das Wichtigste, dass der Übergang als physischer Raum zwischen Außen und Innen wirklich existiert und dass, beim Durchschreiten dieses Raums die Aussicht, das Geräusch, das Licht und der Boden, auf dem man geht, wechseln. Es sind die physischen Veränderungen — und vor allem der Wechsel des Gesichtsfelds —, die den psychologischen Übergang im Kopf schaffen



Daraus folgt:


Schaff einen Übergangsbereich zwischen der Straße und der Eingangstür. Führ den Weg zwischen Straße und Eingang durch diesen Übergangsbereich und kennzeichne ihn durch einen Wechsel des Lichts, einen Wechsel des Geräuschs, einen Wechsel der Richtung, einen Wechsel der Bodenoberfläche, einen Wechsel der Höhenlage, vielleicht durch Tore und damit einen Wechsel der Umschließung, und vor allem mit einem Wechsel der Aussicht,


Illustration aus „A Pattern Language“
Illustration aus „A Pattern Language“


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Unterstreich die flüchtige Aussicht, die der Übergang liefert durch den kurzen Blick auf etwas Entferntes — Die AUSSICHT DES MÖNCHS (134); mach vielleicht ein Tor oder eine einfache Gartentür, um den Bereich abzugrenzen — GARTENMAUER (173); und unterstreich den Wechsel des Lichts — WECHSEL VON HELL UND DUNKEL (135), LAUBENWEG (174). Die Übergangszone mündet in der Eingangstür, im EINGANGSRAUM (130); danach beginnen STUFEN DER INTIMITÄT (127)

Muster: Gebäude


95. GEBÄUDEKOMPLEX

96. ANZAHL DER STOCKWERKE

97. ABGESCHIRMTES PARKEN

98. ORIENTIERUNG DURCH BEREICHE

99. HAUPTGEBÄUDE

100. FUSSGÄNGERSTRASSE

101. PASSAGE DURCHS GEBÄUDE

102. FAMILIE VON EINGÄNGEN

103. KLEINE PARKPLÄTZE

104. VERBESSERUNG DES BAUPLATZES

105. AUSSENRAUM NACH SÜDEN

106. POSITIVER AUSSENRAUM

107. GEBÄUDEFLÜGEL MIT TAGESLICHT

108. ZUSAMMENHÄNGENDE GEBÄUDE

109. LANGES SCHMALES HAUS

110. HAUPTEINGANG

111. HALBVERSTECKTER GARTEN

112. ZONE VOR DEM EINGANG

113. VERBINDUNG ZUM AUTO

114. HIERARCHIE VON AUSSENRÄUMEN

115. BELEBTE INNENHÖFE

116. DACHKASKADE

117. SCHÜTZENDES DACH

118. DACHGARTEN

119. ARKADEN

120. WEGE UND ZIELE

121. DIE FORM VON WEGEN

122. GEBÄUDEFRONTEN

123. FUSSGÄNGERDICHTE

124. AKTIVTÄTSNISCHEN

125. SITZSTUFEN

126. ETWAS FAST IN DER MITTE

127. STUFEN DER INTIMITÄT

128. SONNENLICHT IM INNEREN

129. GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE

130. DER EINGANGSRAUM

131. VON RAUM ZU RAUM

132. KURZE VERBINDUNGSGÄNGE

133. DIE STIEGE ALS BÜHNE

134. DIE AUSSICHT DES MÖNCHS

135. WECHSEL VON HELL UND DUNKEL

136. BEREICH DES PAARS

137. BEREICH DER KINDER

138. SCHLAFEN NACH OSTEN

139. WOHNKÜCHE

140. PRIVATTERRASSE AN DER STRASSE

141. DAS EIGENE ZIMMER

142. MEHRERE SITZPLÄTZE

143. GRUPPE VON BETTEN

144. BADERAUM

145. ABSTELLRAUM

146. FLEXIBLE BÜROFLÄCHE

147. GEMEINSAMES ESSEN

148. KLEINE ARBEITSGRUPPEN

149. ENTGEGENKOMMENDER EMPFANG

150. EIN PLATZ ZUM WARTEN

151. KLEINE BESPRECHUNGSZIMMER

152. HALBPRIVATES BÜRO

153. VERMIETBARE RÄUME

154. HÄUSCHEN FÜR TEENAGER

155. HÄUSCHEN FÜR ALTE

156. ERFÜLLTE ARBEIT

157. WERKSTATT IM HAUS

158. OFFENE TREPPEN

159. LICHT VON ZWEI SEITEN IN JEDEM RAUM

160. DIE GEBÄUDEKANTE

161. SONNIGE STELLE

162. ABGESTUFTE NORDFRONT

163. ZIMMER IM FREIEN

164. STRASSENFENSTER

165. ÖFFNUNG ZUR STRASSE

166. DIE GALERIE RUNDHERUM

167. ZWEI-METER-BALKON

168. VERBINDUNG ZUM BODEN

169. TERRASSIERTER HANG

170. OBSTBÄUME

171. PLÄTZE UNTER BÄUMEN

172. WILDWACHSENDER GARTEN

173. GARTENMAUER

174. LAUBENWEG

175. GLASHAUS

176. SITZPLATZ IM GARTEN

177. GEMÜSEGARTEN

178. KOMPOST

179. NISCHEN

180. PLATZ AM FENSTER

181. DAS FEUER

182. ATMOSPHÄRE BEIM ESSEN

183. ABGRENZUG DES ARBEITSPLATZES

184. DER KOCHPLATZ

185. RUNDER SITZPLATZ

186. GEMEINSAMES SCHLAFEN

187. EHEBETT

188. BETTNISCHE

189. ANKLEIDEZIMMER

190. VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN

191. FORM DES INNENRAUMS

192. FENSTER MIT BLICK AUF DIE AUSSENWELT

193. DURCHBROCHENE WAND

194. FENSTER IM INNERN

195. ANLEGEN DER STIEGE

196. TÜREN IN DEN ECKEN

197. DICKE WÄNDE

198. SCHRÄNKE ZWISCHEN RÄUMEN

199. SONNIGE ARBEITSFLÄCHE

200. OFFENE REGALE

201. BORD IN HÜFTHÖHE

202. EINGEBAUTE SITZBANK

203. HÖHLEN FÜR KINDER

204. GEHEIMFACH