47 Gesundheitszentrum

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... die klare Anerkennung des Lebenszyklus als Basis für jedes individuelle Leben wird viel zur Gesundheit der Menschen innerhalb der Gemeinschaft beitragen - LEBENSZYKLUS (26); das folgende Muster beschreibt die besonderen Einrichtungen, mit deren Hilfe die Menschen sich selbst und ihre Gesundheit pflegen können.


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Mehr als 90% der Leute in einem normalen Wohngebiet sind nicht gesund, wenn man einfache biologische Kriterien anlegt. Diese Ungesundheit kann nicht durch Spitäler oder Medikamente geheilt werden.


Spitäler gehen von der Krankheit aus. Sie sind sehr teuer; sie sind unpraktisch, weil sie zu zentralisiert sind. Sie neigen eher dazu, Krankheit zu erzeugen, als sie zu heilen, weil Ärzte bezahlt werden, wenn Menschen krank sind.


In der traditionellen chinesischen Medizin dagegen zahlen die Menschen den Arzt nur, wenn sie gesund sind; wenn sie krank sind, muss er sie unentgeltlich behandeln. Die Ärzte haben einen Anreiz, die Menschen bei Gesundheit zu halten.


Ein Gesundheitssystem, das wirklich imstande ist, die Leute gesund zu erhalten, geistig wie körperlich, muss von der Gesundheit, nicht von der Krankheit ausgehen. Daher muss es räumlich dezentralisiert sein, sodass es dem täglichen Leben der Menschen so nah wie möglich ist. Es muss auch die Menschen bei den Gewohnheiten der täglichen Lebensführung, die sich auf die Gesundheit auswirken, unterstützen. Den Kern der Lösung muss aus unserer Sicht ein System kleiner, breit verteilter Gesundheitszentren darstellen, die körperliche Tätigkeit fördern - Schwimmen, Tanzen, Sport und frische Luft - und die eine ärztliche Betreuung nur als begleitende Nebensache vorsehen.


In der Literatur über das Gesundheitswesen stimmen Untersuchungsergebnisse und theoretische Forderungen immer mehr darin überein, dass Gesundheitszentren dieser Art, die auf dem Prinzip der Gesundheitsvorsorge aufbauen, entscheidend sind. (Siehe z.B. William H. Glazier, „The Task of Medicine" Scientific American, Vol. 228, Nr. 4, April 1973, S. 13 —17; Milton Roemer, „Nationalized Medicine for America", Transaction, September 1971, 5. 31.)


Wir kennen einige Ansätze zu Programmen des Gesundheitswesens in dieser Richtung. In den meisten Fällen bleiben die Programme jedoch hinter den Erwartungen zurück, weil sie trotz guter Absichten dazu neigen, die Kranken zu behandeln, und weil ihre Arbeit nicht auf die Erhaltung der Gesundheit ausgerichtet ist. Nehmen wir z.B. die vom United States National Institute of Mental Health in den späten 60er Jahren geförderten sogenannten „Gemeindezentren für geistige Gesundheit". Auf dem Papier sind diese Zentren dazu bestimm Gesundheit zu fördern, nicht Krankheit zu heilen.


In der Praxis sieht die Sache ganz anders aus. Wir besuchten eines der fortschrittlichsten, in San Anselmo, Kalifornien. Die Patienten sitzen den ganzen Tag herum; ihr Blick ist glasig; halbherzig gehen sie ihrer „Ton-Therapie" oder „Mal-Therapie" nach. Ein Patient kam mit vor Glück leuchtenden Augen zu uns und sagte: „Herr Doktor, das ist ein herrliches Zentrum für geistige Gesundheit; es ist das beste, das ich kenne." Kurz, die Patienten werden als Patienten behandelt; sie verstehen sich selbst als Patienten; in bestimmten Fällen genießen sie sogar ihre Rolle als Patienten. Sie haben keine sinnvolle Beschäftigung, keine Arbeit, nichts Nützliches, das sie am Ende des Tages zeigen können, nichts, worauf sie stolz sind. Trotz allen humanen Absichten bestärkt das Zentrum in Wirklichkeit die Vorstellung der Patienten von ihrer Krankheit und fördert das Krankenverhalten, während es Gesundheit fordert und predigt.


Das gleiche gilt für das Kaiser-Permanente-Programm in Kalifornien. Die Kaiser-Krankenhäuser wurden in einem vor kurzem erschienenen Artikel gefeiert, weil sie „das Schwergewicht nicht mehr auf die Behandlung der Krankheit, sondern auf die Erhaltung der Gesundheit legen" (William H. Glazier, „The Task of Medicine"). Kaiser-Mitgliedern steht jährlich eine mehrphasige Untersuchung zu, die jedem Mitglied ein vollständiges Bild seines Gesundheitszustandes geben soll. Aber der Gesundheitsbegriff, der durch dieses mehrphasige Programm entsteht, ist immer noch „Freiheit von Krankheit". Sein Wesen ist negativ. Es gibt keinen Ansatz zur positiven Schöpfung und Aufrechterhaltung wirklicher, blühender Gesundheit. Außerdem ist das Kaiser-Zentrum auch nichts anderes als ein riesiges Krankenhaus. Menschen werden als Nummern behandelt; das Zentrum ist zu groß und konzentriert, sodass Ärzte ihre Patienten unmöglich als Menschen in ihrer natürlichen Gemeinschaft sehen können. Sie sehen sie als Patienten.


Das einzige uns bekannte Gesundheitszentrum, das sich wirklich der Gesundheit, statt der Krankheit widmete, war das berühmte Peckham Health Center in England. Das Peckham Center war ein von zwei Ärzten betriebener Klub, dessen Kern ein Schwimmbad, eine Tanzfläche und ein Café bildeten. Zusätzlich gab es Ärztesprechzimmer, und man ging davon aus, dass Familien — nicht Einzelpersonen — neben ihrer Unterhaltung beim Schwimmen und Tanzen sich regelmäßigen Kontrollen unterziehen konnten. Unter diesen Bedingungen benützten die Leute das Zentrum regelmäßig, bei Tag und Nacht. Die Frage ihrer Gesundheit wurde Teil des normalen Gemeinschaftslebens; und das schuf den Rahmen für eine höchst außergewöhnliche Art der Gesundheitspflege.


Es scheint z. B., dass viele Mütter der Arbeiterklasse im Vor-kriegs-England sich ihrer Körper schämten. Diese Scham ging so weit, dass sie sich schämten, ihre Säuglinge zu halten und zu stillen, und folglich in vielen Fällen ihre Kinder nicht wollten. Das Peckham Center konnte durch seine Betonung der Gesundheit dieses Syndrom gänzlich abbauen. Das Schwimm- und Tanzprogramm zusammen mit den Familienuntersuchungen erlaubte den Frauen, auf ihren Körper stolz zu sein; sie scheuten sich nicht mehr vor ihren Neugeborenen und schämten sich nicht mehr ihrer Körper; die Säuglinge fühlten, dass sie erwünscht waren, und die Fälle von Gemütsstörungen und Kindheitspsychosen unter älteren Kindern gingen in der Bevölkerung von Peckham drastisch zurück, und zwar genau verfolg-bar mit dem Zeitpunkt der Betriebsaufnahme des Centers.


Die Erkenntnis dieses elementaren biologischen Zusammenhanges zwischen körperlicher Gesundheit, Familienleben und Gefühlsleben bezeichnet tatsächlich einen neuen Abschnitt der Humanbiologie. Das wird schön und ausführlich von zwei Ärzten des Peckham Centers beschrieben (Innes Pearse und Lucy Crocker, The Peckham Experiment, A Study in the Living Structure of Society, New Haven: Yale University Press, 1946) Nur wenn biologische Gedanken von dieser Kraft und Tief (ernst genommen werden, werden wirkliche Gesundheitszentren — statt Krankheitszentren — möglich sein.



Daraus folgt:


Entwickle schrittweise ein Netz von kleinen Gesundheitszentren in der ganzen Stadt, vielleicht eines für jede Gemeinde von 7000; jedes für die Behandlung vor Alltagsleiden - geistigen und körperlichen, bei Kin» dem und Erwachsenen - ausgerüstet, mit einem funktionellen Schwergewicht auf Erholungs- und Bildungsaktivitäten, die zur Erhaltung der Gesundheit beitragen, wie etwa Schwimmen und Tanzen.


Illustration aus „A Pattern Language“
Illustration aus „A Pattern Language“


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Die Behandlungsteams müssen klein und unabhängig sein KLEINE UNBÜROKRATISCHE DIENSTLEISTUNGEN (81) —, aber untereinander und mit anderen Kliniken koordiniert, wie GEBÄRHÄUSER (65) — in der ganzen Stadt. Gib jedem Zentrum bestimmte Funktionen, die es mit dem normalen Ablauf von örtlicher Arbeit und Erholung verbinden: Schwimmbad, Werkstätten, Sauna, Turnhalle, Gemüsegarten, Gewächshaus. Mach aber aus diesen Einrichtungen keinen zwanghaften geschlossenen „Gesundheitspark" — verknüpf sie vielmehr lose mit anderen Elementen der Stadt — WOHNEN DAZWISCHEN (48), LOKALER SPORT (72), ABENTEUERSPIELPLATZ (73), WERKSTATT IM HAUS (157), GEMÜSEGARTEN (177). Das vielleicht wichtigste untergeordnete Muster für die Erhaltung der Gesundheit ist die-'Möglichkeit zu Schwimmen; im Idealfall versuch ein Schwimmbad in jeden Block zu legen — STEHENDES WASSER (71)

Muster: Städte


1 UNABHÄNGIGE REGIONEN

2 DIE VERTEILUNG DER STÄDTE

3 STADT-LAND-FINGER

4 LANDWIRTSCHAFTSTÄLER

5 MASCHENNETZ VON LANDSTRASSEN

6 KLEINSTÄDTE

7 DAS LAND

8 MOSAIK AUS SUBKULTUREN

9 STREUUNG DER ARBEITSSTÄTTEN

10 DER ZAUBER DER STADT

11 LOKALVERKEHRSZONEN

12 GEMEINDE VON 7000

13 SUBKULTUR-GRENZE

14 IDENTIFIZIERBARE NACHBARSCHAFT

15 NACHBARSCHAFTSGRENZE

16 ÖFFENTLICHES VERKEHRSNETZ

17 RINGSTRASSEN

18 NETZWERK DES LERNENS

19 NETZ DER NAHVERSORGUNG

20 MINI-BUSSE

21 HÖCHSTENS VIER GESCHOSSE

22 NEUN PROZENT PARKPLÄTZE

23 PARALLELE STRASSEN

24 HEILIGE STÄTTEN

25 ZUGANG ZUM WASSER

26 LEBENSZYKLUS

27 MÄNNER UND FRAUEN

28 EXZENTRISCHER KERN

29 RINGE VERSCHIEDENER DICHTE

30 KNOTEN DER AKTIVITÄT

31 PROMENADE

32 EINKAUFSSTRASSE

33 NACHT33LEBEN

34 UMSTEIGESTELLE

35 MISCHUNG DER HAUSHALTE

36 ABSTUFUNGEN DER ÖFFENTLICHKEIT

37 HAUSGRUPPE

38 REIHENHÄUSER

39 WOHNHÜGEL

40 ÜBERALL ALTE MENSCHEN

41 GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN

42 INDUSTRIEBAND

43 UNIVERSITÄT ALS OFFENER MARKT

44 LOKALES RATHAUS

45 KRANZ VON GEMEINSCHAFTSPROJEKTEN

46 MARKT MIT VIELEN GESCHÄFTEN

47 GESUNDHEITSZENTRUM

48 WOHNEN DAZWISCHEN

49 ÖRTLICHE STRASSEN IN SCHLEIFEN

50 T-KREUZUNGEN

51 GRÜNE STRASSEN

52 NETZ VON FUSS- UND FAHRWEGEN

53 HAUPTORTE

54 STRASSENÜBERQUERUNG

55 ERHÖHTER GEHWEG

56 RADWEGE UND STÄNDER

57 KINDER IN DER STADT

58 VERGNÜGUNGSPARK

59 RUHIGE HINTERSEITEN

60 ERREICHBARE GRÜNFLÄCHE

61 KLEINE PLÄTZE

62 AUSSICHTSPUNKTE

63 TANZEN AUF DER STRASSE

64 TEICHE UND BÄCHE

65 GEBÄRHÄUSER

66 GEHEILIGTER BODEN

67 GEMEINSCHAFTSFLÄCHEN

68 SPIELEN MIT ANDEREN KINDERN

69 ÖFFENTLICHES ZIMMER IM FREIEN

70 GRABSTÄTTEN

71 STEHENDES WASSER

72 LOKALER SPORT

73 ABENTEUERSPIELPLATZ

74 TIERE

75 DIE FAMILIE

76 HAUS FÜR EINE KLEINFAMILIE

77 HAUS FÜR EIN PAAR

78 HAUS FÜR EINE PERSON

79 DAS EIGENE HEIM

80 SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS

81 KLEINE UNBÜROKRATISCHE DIENSTLEISTUNGEN

82 VERBINDUNG ZWISCHEN BÜROS

83 MEISTER UND LEHRLINGE

84 TEENAGER-GESELLSCHAFT

85 LADENSCHULEN

86 KINDERHAUS

87 GESCHÄFTE IN PRIVATBESITZ

88 STRASSENCAFE

89 LEBENSMITTELGESCHÄFT AN DER ECKE

90 BIERHALLE

91 GASTHOF

92 BUSHALTESTELLE

93 IMBISSSTÄNDE

94 SCHLAFEN IN DER ÖFFENTLICHKEIT