NAHVERSORGUNGSAUTOMATEN

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SIR02 01 Nahversorgungsautomaten
SIR02 01 Nahversorgungsautomaten


…mithilfe dieses Musters können UNABHÄNGIGE REGIONEN (1) gestärkt werden, indem durch die Vermarktung regionaler Produkte die ländliche Bevölkerung versorgt werden kann und ein NETZ DER NAHVERSORGUNG (19) entstehen kann; Voraussetzung für regionale Produkte sind LANDWIRTSCHAFTSTÄLER (4). Dieses Muster soll zeigen, welchen wichtigen Bestandteil die Vermarktung von in der Region produzierten Lebensmitteln für den ländlichen Raum bildet.


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Immer mehr Nahversorger wandern aus den ländlichen Regionen ab. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Um dem entgegenzuwirken und die Nahversorgung im Ort beizubehalten spielen die Landwirtschaft und ihre vielfältigen Prozesse eine wichtige Rolle. Durch die unterschiedlichen Vermarktungsformen regionaler Produkte ist es wichtig, der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, sie mit ihrem Konsum zu einem Teil der Prozesskette werden zu lassen und dadurch eine Versorgung der Bewohner in fußläufiger Nähe zu ermöglichen.


Der Begriff Nahversorger steht für die orts- und zeitnahe Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs1. Unter orts- und zeitnah wird eine Entfernung von bis zu einem Kilometer verstanden, die sich in einer 10-minütigen fußläufigen Entfernung befindet2.  Unter Produkte des täglichen Bedarfs fallen auch die von der Landwirtschaft produzierten Produkte wie Milch, Eier, Brot, Butter etc. In den letzten Jahren sind immer mehr Nahversorger aus den ländlichen Regionen abgewandert, in Österreich befinden sich mit Stand 2020 rund 650 Gemeinden ohne Nahversorgung3. Gründe dafür sind die immer stärker werdende Mobilisierung der Bevölkerung und Einkaufszentren in Stadtnähe die ein breitere Produktpallette sowie ausreichend Parkplätze zu bieten haben. Verlierer in diesem fortlaufenden Trend sind ältere und nicht mobile Personen, denen längere Fußwege zu Versorgungseinrichtungen nicht zumutbar sind. Durch die Überalterung unserer Gesellschaft werden Einkaufsmöglichkeiten in näherer Entfernung wichtiger als je zuvor. Des Weiteren ist der Nahversorger auch essenziell für die Lebensqualität der Bewohner und die zukünftige Entwicklung des Ortes. Er ist Ort des Zusammenkommens und schafft Platz für zwischenmenschliche Begegnungen4.


Gleichzeitig spielt unsere heimische Landwirtschaft eine wichtige Rolle im Thema Nahversorgung. Vor allem ländliche Regionen sind von den landwirtschaftlichen Strukturen geprägt und zum Großteil gibt es den einen oder anderen Landwirte der seine Produkte zum Verkauf bereitstellt. Möglichkeiten dazu sind der Ab-Hof-Verkauf, ein Hofladen, ein Bauernladen oder der in unserem Fall näher betrachtete 24-Stunden-Nahversorgungsautomat mit selbst produzierten und regionalen Produkten. Dieser kann gegebenenfalls durch weitere Produkte des täglichen Gebrauchs, auch ohne regionaler Herkunft, ergänzt werden.


Unter Automat wird ein technisch funktionierendes Gerät verstanden, welches vom Kunden selbst bedient wird und nach Knopfdruck und darauf erfolgter Bezahlung die Ware freigibt. Diese Art der Vermarktung hat sich stark etabliert, da sie einen kontaktlosen Einkauf, 24 Stunden -  7 Tage die Woche ermöglicht. Durch die Abschaffung der fixen Öffnungszeiten im Falle des Automaten ist ein flexibles Einkaufen für den Kunden möglich und auch der Landwirt selbst ist nicht mehr zeitlich gebunden. Zusätzlich werden entstehende Personalkosten für den Verkauf minimiert. Jedoch geht durch den fehlenden Kontakt mit dem Produzenten das Gefühl für das Produkt und die Herstellung verloren. Weiterführende Informationen und Bilder der Hofstätte können Erfolgsfaktoren bilden. Ein Argument gegen den Automaten sind die hohen Anschaffungskosten. Weitere Nachteile sind die regelmäßige Wartung und Reinigung des Gerätes. Auch der zeitliche Aufwand beim Befüllen darf nicht vergessen werden5.

SIR02 03 Nahversorgungsautomaten
SIR02 03 Nahversorgungsautomaten


SIR02 04 Nahversorgungsautomaten
SIR02 04 Nahversorgungsautomaten
Der Automat kann in einer Hütte, in einem Raum oder unter einem Dach untergestellt sein.



Hinsichtlich des Standortes können zwei unterschiedliche Arten von 24-Stunden-Nahversorgungsautomaten unterschieden werden. Die erste Form befindet sich direkt am Hof oder in Hof Nähe. In diesem Automaten werden nur vom Landwirt selbst produzierte Produkte verkauft. Beispiele dafür sind der sogenannte Milch- oder Eierautomat. Die kleine Auswahl an Produkten führt mit sich, dass der Konsument mehrere Wege auf sich nehmen muss. Dazu kommt, dass Automaten dieser Art sich oft abseits des Dorfzentrums befinden und der Kunde zwingend mobil sein muss.


SIR02 05 Nahversorgungsautomaten
SIR02 05 Nahversorgungsautomaten


SIR02 06 Nahversorgungsautomaten
SIR02 06 Nahversorgungsautomaten


SIR02 07 Nahversorgungsautomaten
SIR02 07 Nahversorgungsautomaten
Durch eine attraktive Beschilderung macht der Landwirt auf seinen Automaten aufmerksam.



In der zweiten Form befindet sich der Nahversorgungsautomat im Dorfzentrum. In ihm werden von mehreren Landwirten die Produkte angeboten und das Angebot reicht von Eiern über Milch bis zu Käse, Fleisch, Öl, Kräutersalz, Brot etc. Vorteile ergeben sich aus den kurzen Wegen die auch von älteren und nicht mobilen Personen bewältigt werden können. Durch die große Auswahl wird ebenso die Anzahl der Wege reduziert.


Oft wird der 24-Stunden-Nahversorgungsautomat im Dorfzentrum auch durch weitere Dinge des täglichen Gebrauchs ergänzt. Diese können beispielweise Klopapier oder Putzmittel sein und müssen nicht zwingend aus der Region stammen. Durch dieses erweiterte Angebot ist die Nahversorgung für die Bewohner des Dorfes vollständig gegeben und es müssen keine weiteren Wege, zu Supermärkten in nicht fußläufiger Entfernung, auf sich genommen werden. Jedoch sollte auf den Aspekt der Regionalität ein großes Augenmerk gelegt werden und Produkte aus der Umgebung sollten forciert werden.


SIR02 08 Nahversorgungsautomaten
SIR02 08 Nahversorgungsautomaten
Die Produkte im 24-Stunden-Automaten sind regional und reichen von Eier über Fleisch bis Milch und Käse.



Ein Beispiel für die praktische Umsetzung eines solch breit aufgestellten Nahversorgungsautomaten sind die BILLA Regionalboxen im Bundesland Kärnten, Österreich. Der Kooperationspartner ist das aus Kärnten stammende Unternehmen „myAcker“ mit der AckerBox. Auf 11 Quadratmeter wird in einem, für den Kunden ansprechenden Rahmen, ein Sortiment von über 200 Artikel angeboten bei welchen die Lokalität im Vordergrund steht. Die Box soll eine attraktive Absatzform für den Landwirt bieten und durch Produkte des täglichen Bedarfs ergänzt werden. Mit dieser Vermarkungsform sollen Regionalität und Flexibilität beim Einkauft gefördert werden und auch kleinen Gemeinden die Chance auf einen Nahversorger in fußläufiger Entfernung gegeben werden6.


SIR02 09 Nahversorgungsautomaten
SIR02 09 Nahversorgungsautomaten


SIR02 10 Nahversorgungsautomaten
SIR02 10 Nahversorgungsautomaten
Die BILLA-Regionalbox weist ein großes Sortiment in einem ansprechenden Rahmen auf.


Daraus folgt:

Baue in jedem Dorf mit mindestens 200 Einwohnern einen 24-Stunden-Nahversorgungsautomaten um die Versorgung der Menschen sicherzustellen. Schaue, dass sich der Automat im Zentrum befindet und kurze Wege ermöglicht werden. Mit einer großen Auswahl an Produkten von Landwirten aus der Region kann die Anzahl an Wegen reduziert werden. Des Weiteren ist auf ausreichende Parkmöglichkeiten zu achten und der Stand soll von Regen und Nässe geschützt sein. Animiere nun Menschen regional einzukaufen und vom 24-Stunden-Nahversorgungsautomaten Gebrauch zu nehmen.


SIR02 12 Nahversorgungsautomaten
SIR02 12 Nahversorgungsautomaten


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Der 24-Stunden-Nahversorgungsautomat kann durch seine Existenz und häufige Nutzung einen KNOTEN DER AKTIVITÄT (30) bilden. Schon im Vorhinein kann der Automat an Schnittpunkten viel benutzter WEGE UND ZIELE (120) errichtet werden. Um eine angenehme Atmosphäre und einen Ort der Begegnungen zu schaffen, gestalte die KLEINEN PLÄTZE (61) mit MEHRERE SITZPLÄTZE (142), PLÄTZE UNTER BÄUMEN (171) und einem PLATZ ZUM WARTEN (150).




1 Adamovicz, M. et al. (2009): Nahversorgung 2010. Eine Studie der BBE Handelsberatung GmbH und der IPH Handelsimmobilien GmbH. München.

2 BMVBS – Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.) (2013): Nahversorgung im ländlichen Raum. BMVBS-Online-Publikation 02/2013. Braunschweig.

3 Unterhuber, Wolfgang (2020): Gesucht: Nahversorger, um Landflucht zu stoppen. Kurier. https://kurier.at/wirtschaft/gesucht-nahversorger-um-landflucht-zu-stoppen/400981397 (abgerufen am 13.07.2021)

4 Mraz, Hannes; Wirtschaftskammer Österreich (Hrsg.) (2006): Wir leben, wo wir kaufen – wir kaufen, wo wir leben! Forderung der Wirtschaftskammer Österreich zur Erhaltung der Nahversorgung. Wien.

5Teufl, Lydia und Ulram, Eva; Landwirtschaftskammer Oberösterreich (Hrsg.) (2021): Der Automat – eine Alternative in der Direktvermarktung. https://ooe.lko.at/der-automat-eine-alternative-in-der-direktvermarktung+2500+3344654 (abgerufen am 13.07.2021)

6Rewe Group (2021): „BILLA Regional Box“ – Startschuss für innovatives Ultra-Nahversorger-Konzept. Pressemeldung. https://rewe-group.at/de/newsroom/2021/04/billa-regional-box-startschuss-fuer-innovatives-ultra-nahversorger-konzept (abgerufen am 28.07.2021)