209 Anordnung der Dächer

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ANORDNUNG DER DÄCHER
ANORDNUNG DER DÄCHER


... angenommen, wir haben einen ungefähren, maßstäblichen Grundriss für jedes Stockwerk des Gebäudes. Dann weiß man auch ungefähr, wie die Dächer liegen werden, und zwar aus DACHKASKADE (116) und SCHÜTZENDES DACH (117); und man weiß, wo auf verschiedenen Ebenen Flachdächer für Dachgärten neben bestimmten Räumen sind - DACHGARTEN (118). Das folgende Muster zeigt, wie man zu einem detaillierten Dachgrundriss für ein Gebäude kommt, je nachdem, welchen Grundriss man gezeichnet hat, damit jene anderen Muster entstehen.


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Was für ein Dachgrundriss ergibt sich organisch aus der Natur des geplanten Gebäudes?


Aus den Überlegungen in FORM DES INNENRAUMS (191) wissen wir, dass in einem organischen Gebäude die Mehrzahl der Räume annähernd - nicht unbedingt perfekt - gerade Wände haben werden, weil nur dann die Form der Räume auf beiden Seiten der Wände positiv, konvex sein kann.


Aus ähnlichen Überlegungen wissen wir, dass die Mehrzahl der Winkel im Gebäude ungefähr - auch hier nicht exakt rechte Winkel sein werden, im Bereich zwischen 80° und 100°.


Wir wissen also, dass ein als natürlich zu bezeichnender Grundriss eine Vielfalt von Formen enthalten kann, Halbkreise, Achtecke usw., dass er aber zum Großteil aus ungefähren, nicht unbedingt genauen Rechtecken bestehen wird.


Schließlich wissen wir aus SCHÜTZENDES DACH (117), dass ganze Flügel womöglich unter einem Dach sein sollten und die gesamte Überdachung des Gebäudes sich aus flachen und geneigten oder gewölbten Dächern zusammensetzen sollte, mit dem Nachdruck auf den nicht flachen Dächern.


Wir können demnach das Problem, eine Anordnung von Dächern festzulegen, folgendermaßen beschreiben: wie können wir einen beliebigen Grundriss der oben beschriebenen Art mit einer Kombination von Dächern ausstatten, die den Mustern DACHKASKADE (116), SCHÜTZENDES DACH (117) und DACHGARTEN (118) entspricht?


Bevor wir das Verfahren der Dachausmittlung genauer erklären, wollen wir fünf, für dieses Verfahren grundlegende Annahmen treffen.

  1. Die geneigten Dächer können entweder wirklich geneigt sein oder Gewölbe mit einer gekrümmten Neigung oder auch Tonnengewölbe — wie in GEWÖLBTE DÄCHER (220) beschrieben. Die Vorgangsweise ist in allen drei Fällen dieselbe. (Für gekrümmte Dächer gilt als Neigung das Verhältnis Höhe zu Breite.)
Illustration aus „A Pattern Language“
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  1. Nehmen wir an, dass alle Dächer des Gebäudes, die nicht flach sind, ungefähr die gleiche Neigung haben. Für ein gegebenes Klima und eine gegebene Dachkonstruktion ist gewöhnlich eine bestimmte Neigung die beste; die Konstruktion wird dadurch sehr vereinfacht.
Illustration aus „A Pattern Language“
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  1. Da alle Dächer dieselbe Neigung haben, haben die Dächer über den höchsten Flügeln und/oder Räumen die höchsten Firste; die über den kleineren Flügeln und Räumen sind relativ niedriger. Das stimmt überein mit HAUPTGEBÄUDE (99), DACHKASKADE (116) und VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN (190).
Illustration aus „A Pattern Language“
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  1. An allen Stellen, wo das Gebäude einen Außenraum oder Hof umschließt, muss es eine gerade Traufenlinie haben, sodass es den Raum eines „Zimmers" bildet. Eine unregelmäßige Dachkante, etwa mit Giebelfronten, zerstört gewöhnlich den Raum eines kleinen Hofes. Es ist deshalb notwendig, an solchen Stellen die Dächer abzuwalmen, damit die Dachkante horizontal wird.
Illustration aus „A Pattern Language“
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  1. In allen anderen Fällen belaß die Abschlüsse von Gebäuden und Flügeln als Giebelfronten.
Illustration aus „A Pattern Language“
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Behandeln wir nun die Regeln für die Dachausmittlung eines Gebäudes am Beispiel eines Hauses, das von einem Laien unter Verwendung der Muster-Sprache entworfen wurde. Die Abbildung zeigt den Grundriss. Es ist ein geschossiges Haus ohne Dachgärten und Balkone.
Illustration aus „A Pattern Language“
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>Wir fassen zunächst die größte rechteckige Raumgruppe heraus und überdachen sie mit einem Satteldach, dessen Firstlinie in Längsrichtung verläuft:

Illustration aus „A Pattern Language“
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Dann tun wir das gleiche mit kleineren Gruppen, bis alle wichtigen Räume überdacht sind.

Illustration aus „A Pattern Language“
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Dann überdachen wir verbleibende kleine Räume, Nischen und dicke Wände mit nach außen geneigten Pultdächern. Diese Dächer sollten an der Basis der Hauptdächer ansetzen, um sie von auswärts gerichtetem Schub zu entlasten; ihre Außenseiten sollten so niedrig wie möglich sein.

Illustration aus „A Pattern Language“
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Schließlich identifizieren wie die Außenräume ( mit A, B, und C bezeichnet) und walmen die angrenzenden Giebel ab, um rundherum eine kontinuierliche Traufenkante zu erlangen.

Illustration aus „A Pattern Language“
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Nun behandeln wir ein etwas komplizierteres Beispiel: ein zweigeschoßiges Gebäude.
Illustration aus „A Pattern Language“
Wir beginnen mit dem oberen Stockwerk, überdachen das ganze Elternschlafzimmer samt Bad mit einem Satteldach, die Firstlinie in Längsrichtung.
Illustration aus „A Pattern Language“
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Dann gehen wir zum unteren Geschoß weiter, decken den Kinderflügel mit einem Flachdach, um einen DACHGARTEN (118) für das Elternzimmer zu bilden, und den größeren Wohnraum mit einem Satteldach, wieder mit der Firstlinie in Längsrichtung.

Illustration aus „A Pattern Language“
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Dann ziehen wir das Dach des Elternschlafzimmers über den angrenzenden Dachbodenvorplatz hinunter.

Illustration aus „A Pattern Language“
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Schließlich verlängern wir die Firstlinie des Wohnraumdaches, sodass dieses sich mit der Dachseite über dem Vorplatz verschneidet. Damit ist die Dachausmittlung abgeschlossen.

Illustration aus „A Pattern Language“
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Es empfiehlt sich, bei der Dachausmittlung das Konstruktionsprinzip der DACHKASKADE (116) einzuhalten. Wenn man fertig ist, sollten alle Dächer zusammen eine in sich abgestrebte Kaskade bilden, in der jeweils das untere Dach den Horizontalschub des oberen Daches aufnimmt. Die Gesamtfiguration der Dächer im Schnitt nimmt dann - in grober Annäherung die Form einer umgekehrten Kettenlinie an.



Daraus folgt:


Leg die Dächer so an, dass jedes einzelne Dach einer identifizierbaren sozialen Einheit im Gebäude oder Gebäudekomplex entspricht. Bau die größten Dächer - die mit den höchsten Firsten und den größten Spannweiten - über die größten, wichtigsten und die am meisten gemeinschaftlich genutzten Räume; lass die kleineren Dächer von diesen größten und höchsten ausgehen, und die kleinsten wieder von diesen, etwa als Halbtonnen und Pultdächer über Nischen und dicken Wänden.


Illustration aus „A Pattern Language“
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Beim Bauen aller dieser Dächer und ihrer Verbindungen folg den Angaben für GEWÖLBTE DÄCHER (220). Wenn ein Flügel frei endet, belass den Giebel in voller Höhe; wenn ein Flügel an einem Hof endet, walm den Giebel ab, damit die horizontale Dachkante den Hof wie ein Zimmer wirken lässt - BELEBTE INNENHÖFE (115).

Behandle die kleinsten Pultdächer über dicken Wänden und Nischen als Strebepfeiler, die einen Teil des Horizontalschubes von Deckengewölben und höherliegenden Dachgewölben aufnehmen können - VERBREITERN DER AUSSENWÄNDE (211)